Sinfoniekantate „Lobgesang“

Sinfoniekantate „Lobgesang“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy, Aufführung am 5. Mai 2024

Festkonzert zum 100-jährigen Jubiläum der Ev. Kantorei Isselhorst

Alina Palus, Sopran
Felicitas Gellermann, Sopran
Jonathan Dräger, Tenor
Ev. Kantorei Isselhorst
Kourion-Orchester Münster
Birke Schreiber, Leitung

Rezensionen

Konzertknaller zum Jubiläum

NEUE WESTFÄLISCHE, 7. Mai 2024

Gütersloh. 100 Jahre Isselhorster Kantorei – wenn das kein Grund zum Feiern ist! Und ein solcher Termin verlangt nach einem besonderen Werk: Felix Mendelssohn Bartholdys Sinfonie-Kantate „Lobgesang“, 1839 zur 250-Jahr-Feier der Erfindung der Buchdruckkunst vom Leipziger Rat beauftragt und am 25. Juni 1840 in der Thomaskirche uraufgeführt, ist auch als Symphonie Nr. 2 bekannt. Heutzutage hört man diese Sinfonie-Kantate viel zu selten, verglichen mit der Zahl der Aufführungen seiner weiteren Symphonien, und allein das macht dieses Konzert schon zu etwas Besonderem.

Kantorin Birke Schreiber hatte das Münsteraner Kourion-Orchester als Instrumentalbegleiter eingeladen; die Musiker sind schon oft in der Isselhorster Kirche aufgetreten und mit ihrer Akustik folgerichtig gut vertraut. Wuchtig, energisch, eher dynamisch als pathetisch spielten sie den ausladenden ersten Satz, der von dem Thema des Werks „Alles, was Odem hat, lobe den Herrn“ geprägt ist. Schattenhaft huschend folgte der zweite Scherzo-Satz, der schon die „Italienische“ erahnen lässt und dem Birke Schreiber beim Nebenthema immer mehr Klangpräsenz einräumte. Geradezu überirdisch abgeklärt ruhig fließt das „Adagio religioso“ des dritten Satzes dahin und schließt den rein instrumentalen Part des „Lobgesangs“ ab.

Und endlich kommt auch der Chor zum Einsatz: das volle maestoso des Eingangschors überträgt die Freude, die der Chor an dem Werk hat, von Anfang an auf die Zuhörerschaft. Birke Schreiber wählt ein Tempo, das den Chor fordert, aber nicht überfordert, das war alles sehr fein abgestimmt. Und dass die Sängerinnen auch die leiseren Noten beherrschen, zeigen sie beim folgenden accompagnato des Solosoprans Alina Palus sehr überzeugend.

Jonathan Dräger tritt nicht zum ersten Mal mit diesem Ensemble auf, aber jedes Mal beeindruckt sein mächtiger, kraftvoller, dramatischer Tenor aufs Neue, so auch mit „Saget es, die ihr erlöset seid“. Dann aber erklingt die vielleicht schönste Passage der Kantate, „Ich harrete des Herrn“. Alina Palus’ und Felicitas Gellermanns fein-lyrische Sopranstimmen umspielen hier kunstvoll einander, zurückhaltend vom Orchester und dem Chor begleitet, ein Hörgenuss sondergleichen.

Der dramatische Höhepunkt des „Lobgesangs“ folgt mit Jonathan Drägers ausdrucksstarker Rezitativgestaltung „Stricke des Todes“, das Thema „Durch Nacht zum Licht“ drängt hier mit Macht voran; gelöst wird es mit dem Sopranruf „Die Nacht ist vergangen“ und dem gewaltigen folgenden Jubelchor. Der wunderbare Kirchenchoral „Nun danket alle Gott“ lässt den Chor etwas entspannter agieren; ein Sopran-Tenor-Duett leitet über in den polyphonen Schlusschor „Ihr Völker“, der Sängerinnen und Sängern noch einmal alles abverlangt.

Ist der „Lobgesang“ Mendelssohns Antwort auf Beethovens Neunte, die auf den Tag genau vor 200 Jahren (7. Mai 1824) in Wien uraufgeführt wurde? Satzfolge und Ausgestaltung legen zumindest nahe, dass ihm das Werk bekannt gewesen war. Ob Symphonie oder Sinfoniekantate: wenn es so packend mit „Herzen, Mund und (Birke Schreibers) Händen“ zu Gehör gebracht wird, dann steht das Opus für sich. Chapeau und stehender Applaus für diese Leistung.

Kantorei feiert 100-jähriges

DIE GLOCKE, 7. Mai 2024

Gütersloh (heu). „Ein kleiner Tropfen nur im Strom der Zeit, ein Herzschlag Leben der Vergangenheit“, so steht es in der Jubiläumsfestschrift eines Chores aus dem frühen 20. Jahrhundert geschrieben und weiter: „Nur manchmal steht am Weg ein Meilenstein, da will besonnen Rast gehalten sein.“ Das hat die Evangelische Kantorei Isselhorst am Sonntag mit einer überwältigenden Aufführung der Sinfoniekantate „Lobgesang“ op. 52 von Felix Mendelssohn Bartholdy in gebührender Weise beherzigt und damit ihr eigenes Jubiläumsjahr in glanzvoller Weise gekrönt.

Pfarrerin Dorothee Antony sprach kurze Gruß – und Dankesworte, in denen sie den Einsatz so vieler Chormitglieder, teilweise über Jahrzehnte hinweg würdigte. Dann gehörte die Bühne ganz dem Kourion-Orchester aus Münster, den Gesangssolisten Alina Palus und Felicitas Gellermann, Sopran, sowie Jonathan Dräger, Tenor, und natürlich dem hundertjährigen, in allen Stimmlagen stark besetzten Jubelchor selbst. Birke Schreiber, seit 2003 Kantorin in Isselhorst und damit selbst schon ein Teil Chorgeschichte, hielt die musikalischen Fäden in der Hand, wie man es von Ihr gewohnt ist: unaufgeregt, präzise und wirkungsvoll. So formte sie Chor, Orchester und Solisten zu einer bestechend harmonischen Einheit, die in ihrem fein abgestimmten Zusammenwirken kaum noch Wünsche offen ließen. Hatte schon Felix Mendelssohn Bartholdy es in sehr sinnfälliger Weise bei seiner Vertonung biblischer Worte verstanden, den Sinngehalt des Textes meisterhaft durch seine Musik auszudeuten, so gelang es den Musizierenden in ihrer Gesamtheit sehr überzeugend, die Intentionen des Komponisten für das Auditorium im Kirchenraum in allen Phasen nachvollziehbar zu machen, wobei die Solisten es ein- ums andere Mal verstanden, dem musikalischen Geschehen ihre strahlenden Glanzlichter aufzusetzen.

Beispielhaft dafür erwähnt seien die Passagen aus Tenor, Sopran und Chor: „Hüter, ist die Nacht bald hin? – die Nacht ist vergangen, der Tag aber herbeigekommen“, oder der Schlusschor: „Alles, was Odem hat, lobe den Herrn, Halleluja, lobe den Herrn!“ Minutenlange, stehende Ovationen waren der wahrlich verdiente Lohn für die Künstler auf der Bühne.

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